Bob Katz Digido

Bob Katz ist ein Mastering Engineer, der für sein einflussreiches Buch zum Thema „Mastering und seine Aufnahmen von Jazz und klassischer Musik“ bekannt ist. Katz hat drei Alben gemastert, die einen Grammy Award gewonnen haben und eines das dafür nominiert war. Er ist bei audiophilen Musikfreunden hoch angesehen ebenso wie sein Buch das von manchen Kritikern als das Standardwerk Nummer Eins zum Thema Mastering angesehen wird. Er ist außerdem einer der respektiertesten Mastering Engineers der Branche. Er hat weiterhin eigene Systeme mit den Namen „K-Stereo“ und „K-Surround“ entwickelt. Die sich dahinter verbergenden Prozesse stellen verlorene oder versteckte Räumlichkeit und Tiefe wieder her und verbessern die Abbildung der Musik. Außerdem Können hiermit ohne hinzufügen von künstlichem Raum Monosignale in Stereosignale gewandelt werden.

Katz hat von 1978 bis 1979 am Institute of Audio Research unterrichtet. 1988 begann er seine Tätigkeit bei Chesky Records, wo er sowohl Jazz- als auch Klassikkünstler aufnahm. Dort produzierte er auch die erste kommerzielle Aufnahme der Welt, die mit Oversampling durchgeführt wurde. Im Jahr 1990 gründete er ein Audio Mastering Unternehmen mit dem Namen Digital Domain, das er bis heute betreibt.

2009 hatten wir von GIK die Ehre mit Bob ein Interview durchzuführen.

GIK: Dein Name ist sehr etabliert in der Welt des Mastering. Wie verbesserst du dich an diesem Punkt noch?

Bob: Indem ich so offen wie möglich bleibe, Dinge höre die möglicherweise, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, manchen meiner alten Vorstellungen widersprechen und indem ich der Möglichkeit mich geirrt zu haben gegenüber offen bleibe. Ich lerne immer dazu.

Ich habe vor kurzem an einer sehr puristischen Folk Platte gearbeitet. Ich dachte wirklich ich hätte akustische Musik komplett verstanden und gemeistert, da ich daran den größten Teil meiner Karriere gearbeitet habe. Trotzdem habe ich in dieser Session mit extrem kritischen Künstlern mehr gelernt als man sich vorstellen kann. Die Künstler waren die Kruger Brüder aus der Schweiz, sie sind sehr bekannt in der Welt der Folk- und Akustikmusik. Sie sind ein Trio: Banjo, Bass (kein Upright sondern ein elektrischer Bass), Gitarre und zwei bis drei Sänger. Das scheint sehr einfach und simpel, doch als ich den ersten Mix gehört habe, der mit hochwertigstem Equipment und Mikrofonen zustande kam, machte ich eine Anmerkung die eine riesige Lawine nach sich zog. Ich sagte, dass die Bassgitarre die sie genutzt hatten so aufgenommen war, dass sie nicht definiert genug klang. Es klang wie die Aufnahme über einen Tonabnehmer, ein sehr tiefer voller Grundklang jedoch mit sehr unschönen Obertönen. Ich war mir sicher, dass der Klang sich nicht gut auf viele Systeme übertragen würde. Ich schlug vor, dass ich wenn sie mir Stems schicken würden (alles außer Bass und den Bass separiert) den Bass neu mikrofonieren könnte. Ich habe dies bei einer Jazzplatte schon einmal getan und das Ergebnis war exzellent.

In meiner Masteringregie habe ich kein Mikrofon und keinen Aufnahmeraum aber ich habe ein exzellentes Plugin Namens „Speakerphone“ von Audioease, welches eine sehr gute Nachahmung eines Ampeg B-18 Bassamps beinhaltet, das den Klang eines Tonabnehmers deutlich verbessern kann. Ich dachte es würde ein Kinderspiel, jedoch wurde es ein Alptraum. Das Problem lag ganz klar auf meiner Seite. Eventuell war es ein wenig Arroganz. Ich war mir einfach sicher, dass ich genau so gute Ergebnisse erzielen könnte wie zuvor, weil es bereits einmal geklappt hatte.

Das ist genau was ich gelernt habe, unterstelle nie etwas. Jede Situation ist einzigartig, es gibt nur grundlegende Regeln und wie ich bereits in meinem Buch (Mastering Audio, the Art and the Science) schrieb, ich lerne von meinen Fehlern und mache die einfachen Fehler nicht mehr. Jetzt mache ich die großen, furchtbaren. Ich habe ungefähr zehn Stunden meiner Zeit (die ich den Kruger Brüdern nicht berechnet habe) verschwendet, um zu versuchen, den Bass gut klingen zu lassen. Es stellte sich heraus, dass die Software und vermutlich auch ein echter Ampeg Amp das Signal extrem aufbläst, was sehr gut für das Pickup Signal der Jazz Komposition funktioniert hat. In diesem Fall jedoch, indem der Bass so exponiert war zwischen Banjo und Gitarre, waren die Resonanzen des Ampeg Lautsprechers störend. Jedoch war auch die Auswahl des Piezzo Abnehmers keine gute Ausgangssituation. Am Ende gaben die Kruger Brüder ihren Fehler zu als ich meinen zugab und nahmen den Bass neu auf mit einer Bassgitarre mit elektromagnetischem Abnehmer und Preamp. Somit wurden die Aufnahmen wieder lebendig.

Ich lerne immer dazu. Selbst Dinge die ich Hunderte Male gemacht habe können sich beim 101. Mal ganz anders darstellen. Ich hoffe, die gelernten Dinge anwenden zu können aber es ergeben sich immer neue Situationen.

GIK:  Verstehe. Das heißt jede Situation, jeder Mix ist unterschiedlich.

Bob: Absolut korrekt. Natürlich gibt es ein paar grundlegende Regeln, die man verfolgen kann. Wenn man Bass mischt, hebt man den Präsenzbereich des Instruments an, um ihm zu helfen sich durchzusetzen. Die harmonischen helfen in einem vollen Mix zu hören, welche Noten gespielt werden. Wir alle wissen das. Aber in diesem einen Mix war es so, dass jedes Mal wenn ich 700 Hz, 800 Hz oder 1,2 kHz angehoben habe, die angenehme, warme Tonalität des Basses in den Hintergrund trat, welche vorher wunderbar wahrzunehmen war. Wenn man sich in solch einer Situation nicht in einer akkuraten Abhörsituation befindet, denkt man vielleicht man tut etwas nützliches, obwohl es genau das Gegenteil ist.

GIK: Das führt mich genau zu meiner nächsten Frage: Wie viele deiner Jobs kommen aus kleinen Einraum- oder Homestudios in diesen Zeiten, in denen Studios immer kleiner werden?

Bob: Viele, sogar sehr viele. Ich denke es ist ein grundsätzlicher Trend! Du solltest die selbe Frage Bob Ludwig stellen, nur um zu sehen, wie vieler dieser Jobs er bekommt. Alle verkleinern sich und das nicht immer zum Vorteil. Wie oft das passiert? Sehr oft! Eine logische und interessante Folge daraus ist, dass ein guter Mastering Engineer Projekten aus Projektstudios weit mehr helfen kann als Projekten aus großen professionellen Studios mit großartigen Toningenieuren. Bei einer Aufnahme, die in einem guten, professionellen Studio durchgeführt und gemischt wurde, muss ich evtl. nur ein bisschen korrigieren oder manchmal auch gar nicht. Das steht in ziemlichem Gegensatz zu Aufnahmen aus Projektstudios. Meiner Meinung nach ist Bass dabei das größte Merkmal. Bass ist vermutlich die erste Sache die uns auffällt. Ich bin immer wieder überrascht: Ich habe gestern einen Mix gehört. Normalerweise ist es ein gängiger Trend, dass zu schrill gemischt wird und viele S-Laute durchkommen. Zischen und hochfrequente Verzerrungen, die nicht wahrgenommen werden sind ein Problem. In diesem Fall hat der Engineer auf diese Frequenzen überreagiert und ich fragte mich: „Mit welchen Monitoren hat er abgehört, um sich so zu entscheiden?“ Aber meistens haben die Leute die meisten Probleme im Bassbereich und das war vor 20 Jahren nicht der Fall… Zumindest nicht so oft. Ich denke, dass die Leute mit Monitoren mit einer weiteren Frequenzwiedergabe gemischt haben und ich kann den Trend mit kleinen Monitoren deren Wiedergabe bei 100 Hz extrem abfällt überhaupt nicht verstehen. Was denken sich die Leute? Es hilft überhaupt nicht bei der Übersetzung auf verschiedene Systeme. Das einzige Argument ist, dass es bei der Wiedergabe auf einem Laptop niemandem auffallen wird.

GIK: Dieses Argument hört man oft!

Bob: Sicher, aber was ist mit dem iPod der durchaus Bass auf die Kopfhörer überträgt. Und was ist mit Autos? Dort hört man sehr viel Bass und viele Autos haben sogar Subwoofer und eine gute Abbildung oder eine schlechte Abbildung mit sehr vielen Resonanzen. Man hilft also nicht bei der Übersetzung auf die vielen Abhörgeräte auf denen die Musik gehört werden wird und je nachdem, wie stark daneben man liegt, kann auch im Master nichts mehr gerettet werden. Schließlich geht es nicht nur um den Bass als Instrument sondern zum Beispiel auch die Kickdrum. Oft ist die Kickdrum noch in Ordnung und der Bass ist schlecht, ich verstehe zwar nicht, wie das funktioniert aber es ist sehr oft so. Während ich also etwas von dem exzessiven Bassfundament wegnehme, wird auch die Kickdrum ausgedünnt.

Ich bekomme viel Arbeit aus Projektstudios und der beste Rat den ich geben kann ist eine Beziehung zum Mastering Engineer aufzubauen, sobald der erste Mix gemacht ist. Lasst ihn oder sie diesen Mix hören und euch beraten, ob der Mix bereit für ein Master ist oder ob es Probleme gibt die sie oder er mit euch im Vorfeld beheben können. Denn je besser euer Mix ist, desto besser das Master das ich produzieren kann und desto weniger Arbeit muss ich investieren wodurch es ironischerweise besser klingen wird.

GIK: Wie hoch würdest du sagen liegt der Einfluss schlechter Abhörumgebungen bei den Problemen die du mitbekommst vor allem bezüglich der Definition von Kickdrum und Bass?

Bob: Ich würde sagen über 90%. Natürlich gibt es einen Lernprozess wenn man ein Mixengineer werden möchte, einen Zeitrahmen in welchem die Fähigkeiten nicht ausreichen, um der Abhöre gerecht zu werden aber wenn das Monitoring nicht deinen Fähigkeiten gerecht wird, kannst du vielleicht Ratespiele spielen und deinen Finger auf den Woofer der NS-10 legen und fühlen ob genug Kickdrum da ist aber das ist keine Langzeitlösung.

GIK: Das macht Sinn! Kannst du es den Mixes anhören, wenn sie einen zu starken Bassbereich haben den jemand nicht akkurat hören konnte?

Bob: Oh, absolut. Und wenn du mich fragst, ob es das häufigste Problem ist dem ich begegne: Ja Bass ist das größte Problem.

GIK: Wir haben etwas über nicht ideale Räume gesprochen. Wie sollte ein guter Masteringraum aussehen deiner Erfahrung nach?

Bob: Ich habe vielseitige Erfahrungen gesammelt. Genug um einen Raum auszusuchen, zu wissen ob er Probleme verursachen wird. Das kommt zu großen Teilen durch meine audiophile Erfahrung aus den letzten Jahren. Als Audiophiler habe ich immer gute Wiedergabesysteme aufgebaut und mich damit beschäftigt, eine gute und weite Wiedergabe über den gesamten Frequenzverlauf zu erzeugen. Ein guter Masteringraum sollte solide Wände, Boden und Decke haben und mindestens sieben besser zehn Meter lang sein. Ihr als akustische Berater wisst, dass auch in einem 3,5 Meter langem Raum guter Bass erzeugt werden kann. Es grenzt aber trotzdem am Unmöglichen. An manchen Stellen dieses Raumes kann man einen 30 Hz Ton hören. Um dem Raum die Möglichkeit zu geben eine gleichmäßige Abbildung der tiefen Oktaven zu bieten und lange Wellenlängen zu ermöglichen, sollte der Raum länger sein. Ermöglichen ist vielleicht nicht das richtige Wort. Eher geht es darum, mehr Wellenlängen gleichmäßiger wiederzugeben. Wir sprechen dann vom goldenen Schnitt. Wir wollen sicher stellen, dass die Raumdimensionen keinen ganzzahligen Bezug zueinander haben. Es gibt eine Onlinerechner, die helfen Fehler zu vermeiden wenn man mit einem bereits existierenden Raum arbeiten will.

GIK: Auch du hast in den Jahren die eine oder andere akustische Problematik in deinen eigenen Räumen lösen müssen, richtig?

Bob: Ja und je mehr ich lerne, desto mehr verängstigt bin ich. In meinem Studio A sind viele Bassfallen installiert. Auch in meinem Studio B habe ich sehr viele Bassfallen (manche von GIK Acoustics) und ich befürchte es sind nicht genug.

GIK: Bob, vielen Dank dass du dich von uns hast interviewen lassen.

Bob: Es war mir ein Vergnügen, Danke.

Bob Katz:
Digital Domain
478 East Altamonte Dr #108-122
Altamonte Springs, Florida 32701
Phone (800) DIGIDO-1 [344-4361] or +1 407-831-0233
http://www.digido.com/